Geburt

eines kleinen Irish

Die normale Geburt bei gesunden Hunden Teil 1

Geburt und Welpenentwicklung bis zum Umzug in die neue Familie   beim Irish – Terrier

 

Immer mehr unserer Haushunde können ihre Welpen nicht mehr auf natürliche Art gebären. Bei bestimmten Rassen treten sogar erhebliche Geburtsschwierigkeiten auf: Es werden fast nur noch Kaiserschnittgeburten durchgeführt oder ein großer Anteil der Welpen stirbt. Die zu klein gezüchteten Hündinnen können ihre normal großen Welpen nicht mehr gebären, auffällig runde und gross gezüchtete Kopfformen passen nicht mehr durch den Geburtskanal, Degeneration führt zu Wehenschwäche und weiteren Geburtskomplikationen. Trotzdem geht die Zucht vieler dieser Hunde-Rassen weiter. Ziel jeder Zucht aber sollte sein, die natürliche Zeugung, komplikationsfreie Trächtigkeit und natürlicher Geburtsverlauf.

 

 

Hier ein Einblick, wie eine normale Geburt bei einem gesunden Hund ablaufen kann:

Die  Geburt  am  10. Februar 2012:

58 Tage nach dem Treffen mit einem hübschen, rassetypischen Rüden ist es soweit !

(Beide Hunde sind in den Blutlinien nicht miteinander verwandt. Sie haben deutsche und amerikanische Vorfahren).

Fiara aus der Höhle des Löwen, eine 3 jährige Irish-Terrier-Hündin, die ihren ersten Wurf erwartet, verweigert nach einem ausgiebigen Spaziergang im Schnee ihr Futter und hechelt am Abend erstmals. Dieses periodische Hecheln habe ich bei allen der von mir betreuten und bei einer Freundin mitbetreuten Hundegeburten (insgesamt jetzt 14 Geburten) als untrügliches Zeichen der beginnenden Geburt beobachtet. Zudem auch andere Auffälligkeiten, wie Lecken der Vulva, Unruhe, Scharren, Zittern, Nahrungsverweigerung, kurzzeitiger Temperaturabfall auf weniger als 37,2 Grad.   

Nun ist es also soweit, eigentlich einige Tage früher als erwartet. Die durchschnittliche Tragezeit beträgt 63 Tage. Die Wurfkiste wird schnell noch aufgebaut. Besser wäre dies einige Tage früher, damit sich die Hündin daran gewöhnt. Aber Fiara kennt die Kiste. Sie hat selbst ihre Welpenzeit darin verbracht.  Ganz wichtig ist esfür die gesamte Geburt, dass der vertraute Mensch anwesend ist, sich Zeit nimmt und Ruhe ausstrahlt. Der Geburtsraum sollte ruhig gelegen sein, ohne fremde Zuschauer. Andernfalls kann sich die Geburt erheblich verzögern und es können Komplikationen auftreten.

Die Eröffnungsphase der Cervix (Gebärmuttereingang) dauert beim Hund  ca.  6 – 36 h. Sie Ist aber oft nur bei sehr genauer Beobachtung der Hündin zu erkennen. Es folgt eine unruhige Nacht. Die Hündin wechselt ständig ihr Lager, mal im Bett eng an mich geschmiegt, mal in ihrem Korb, mal unter dem Bett,  scharrt und hechelt gelegentlich. Wenn ich die Hand auf ihren Bauch lege fühle ich wie die Welpen sich zuckend bewegen, schnelle Herztöne sind ebenfalls mit dem Stethoskop zu hören, mehr als 130 Schläge/Minute. Ich will natürlich die Geburt des ersten Welpen nicht verpassen, kann also auch nicht schlafen.

Morgens dann Beginn der Austreibungsphase (Dauer 12 – 24 h je nach Wurfgröße) mit den ersten Presswehen, die am Körper der Hündin deutlich sichtbar sind. Wir ziehen ins Geburtszimmer um. Die Raumtemperatur beträgt 25 Grad und ist wichtig, da neugeborene Welpen in den ersten Tagen ihre Körper-Temperatur noch nicht selbstständig regeln können. Fiara entscheidet sich für ihr Schaumstoffkörbchen als Geburtsort. Sie sitzt halb aufgerichtet in ihrem Körbchen, beriecht und leckt immer wieder ihre Vulva, hechelt und zittert leicht. Nach Abgang von etwas klarem Fruchtwasser wölbt sich aus der Scheide die Fruchtblase mit dem ersten Welpen, die Füßchen sind durchscheinend sichtbar. Eine Geburt aus Fußlage ist beim Hund wesentlich häufiger (ca. 40 % aller Welpen) als beim Menschen. Aber normalerweise ungefährlich, wenn der Welpe nicht zu lange im Geburtskanal stecken bleibt.  

Mit der nächsten Presswehe liegt der Welpe noch komplett von der Fruchtblase umhüllt  im Korb. Meine anderen Hündinnen haben bei der Geburt ihres ersten Welpen, teilweise  laut geschrien. Fiara ist völlig ruhig, erscheint nur etwas erstaunt, was da kommt. Beim Entfernen der Fruchtblase bin ich der Hündin behilflich. Die Nabelschnur ist bereits im Geburtskanal abgerissen, es blutet aber nicht. Meist beisst die Hündin mit den Backenzähnen die Nabelschnur durch. Die Plazenta (Nachgeburt) fehlt noch. Entweder wird diese mit dem Welpen oder einige Zeit später ausgestoßen und von der Hündin aufgefressen. Es ist wichtig zu kontrollieren, dass zu jedem Welpen auch eine Plazenta erscheint.  Ich helfe Fiara beim „Auspacken“ des Welpen nur sicherheitshalber, damit der Welpe rasch atmen kann. Der kleine Rüde ist noch etwas benommen, wird von der Hündin beleckt und von mir zum Atmen angeregt. Er schnappt ein - zweimal nach Luft, nun wird die Atmung regelmäßig und die Bewegungen kräftiger. Sehr rasch kriecht er auf der Suche nach Mutters Zitzen herum. Bevor er mit dem Saugen beginnt, wird er nur noch kurz gewogen und auf Fehlbildungen kontrolliert.  Seine Geschwister werden es leichter haben, da der Geburtsweg jetzt vorgedehnt ist.

Auf den nächsten Welpen müssen wir gut eine Stunde warten. In der Zwischenzeit ergänze ich das Zeitprotokoll, notiere die Welpendaten und säubere den Korb etwas von den Geburtsspuren, ohne die Hündin zu stören. Die Hündin leckt ihren Nachwuchs trocken und wärmt ihn. Alles so selbstverständlich, als ob sie nie etwas anderes getan hätte. Fast hätte ich die Presswehen übersehen und schon ist der nächste Welpe da, diesmal mit dem Köpfchen zuerst. Fiara liegt dabei ruhig auf der Seite im Korb, lässt sich wieder helfen, beisst die Nabelschnur durch und frisst die Plazenta.  

Bei einer unruhigen Hündin ist zu empfehlen einen Karton mit einer Wärmflasche bzw. Rotlicht bereitzustellen. Damit können die bereits geborenen Welpen „zwischen geparkt“ werden und um zu verhindern, dass sie nicht versehentlich verletzt werden. Meine Hündin ist damit nicht einverstanden. Sie holt den Welpen sofort vorsichtig mit dem ganzen Fang aus dem Karton und trägt ihn zurück in ihren Korb. Sie liegt weiter ruhig auf der Seite, bis nach 5 Stunden alle 8 Welpen geboren sind. Ich biete ihr immer wieder frisches Wasser und etwas kalorienreiche Nahrung an, die sie gelegentlich annimmt. Bei längeren Geburtsverläufen ist es vorteilhaft, wenn man die Hündin gelegentlich zum Lösen ins Freie führt.  

Es ist alles gut gegangen! Meine Hündin schläft nun erstmal tief und entspannt. Die Welpen kuscheln sich an ihren Körper und mucken ab und zu  leise, ein typisches Geräusch nach einer erfolgreichen Geburt. 

Wie hier beschrieben, sollte  eine  normale Geburt einer instinktsicheren Hündin verlaufen. Bei den meisten Irisch Terriern ist dieser Geburtsverlauf normal. 

Die Kieler Professorin Dr Feddersen-Petersen, berichtet in ihrem Buch „Fortpflanzungsverhalten beim Hund, über Verhaltenstörungen der Hündin: über Hündinnen die aus Angst vor ihren eigenen Welpen davon laufen, Hündinnen, die die eigenen Welpen nicht annehmen, Hündinnen, die aggressives Verhalten bis hin zur Tötung des Welpen zeigen, oder Hündinnen, die reaktiv auf das Schreien der Welpen so in Erregung gesetzt werden, dass sie die eigenen Welpen packen und schütteln. Kleinere Rassen scheinen mit der Geburt eher überfordert, als große Rassen. Es gibt hier sogar auch  aktive Geburtshilfe mit Fassen und Herausziehen des in der Scheide steckengebliebenen Welpen. 

 

Welche Schwierigkeiten können bei der Geburt auftreten?

Auch bei Geburten gesunder Hunde, Rassehunde und Mischlinge, können Geburtsprobleme auftreten. Diese können, nicht beachtet,  zum Tod der Hündin und der Welpen führen. Wichtig ist deshalb, die Gefahren zu erkennen, rechtzeitig einen Tierarzt für Geburtshilfe mit Operationsmöglichkeit zu Rate zu ziehen und seine Kenntnisse nicht zu überschätzen. Am besten nimmt man bereits spätestens während der Trächtigkeit entsprechenden Kontakt auf.

 

Einige dieser Gefahrensituationen können sein:

 

Wehenschwäche

 

Wehenschwäche ist in einigen Zuchtlinien häufig.

Oft ist aber für eine vermeintliche Wehenschwäche der Mensch verantwortlich, der nicht für die nötige Ruhe sorgt, die die Hündin benötigt oder die Hündin sogar alleine lässt. Wenn der Abstand zwischen der Geburt zweier Welpen 2 – 4 Std. übersteigt, sollte der Tierarzt hinzugezogen werden. Es kann dann kontrolliert werden, ob der Welpe lebt, von normaler Größe ist und evtl. nicht quer liegt. Bei übergroßen Würfen kann eine Wehenschwäche im Geburtsverlauf auftreten (sekundäre Wehenschwäche). Das Wehen auslösende Hormon Oxytocin sollte nur dann gespritzt werden, wenn die Hündin damit nicht gefährdet ist. Andernfalls ist rechtzeitig ein Kaiserschnitt indiziert.

 

Einfrüchtigkeit

 

Im Ultraschall und evtl. Röntgenaufnahme kann man schon während der Trächtigkeit erkennen, ob nur 1 Welpe vorhanden ist (Einfrüchtigkeit). Dieser kann so groß werden, dass er nicht mehr durch den Geburtskanal passt. Ein Kaiserschnitt ist je nach Größe dieses Welpen dann nötig.

 

Grünes Fruchtwasser

 

Wenn vor der Geburt des ersten Welpen grünes Fruchtwasser erscheint, weist dies darauf hin, dass sich der Muterkuchen (Plazenta) löst. Damit besteht höchste Lebensgefahr für den Welpen, nachdem er nicht mehr über die Nabelschnur/Plazenta versorgt wird. Er sollte längstens innerhalb der nächsten 30 Min. geboren sein.

 

Steckenbleiben eines Welpen

 

Bei schwachen Presswehen oder zu engem Geburtsweg kann der Welpe bereits im Becken stecken bleiben. Hier ist ein Kaiserschnitt nötig. Wenn der Welpe, teilweise geboren,  im Scheidenausgang hängen bleibt,  ist vorsichtiges Ziehen während der Presswehe mit evtl. leichtem Drehen unter Verwendung eines Gleitmittels möglich. Der Welpe sollte aber möglichst komplett umfasst oder an Hautfalten gezogen werden, nicht am Kopf oder Extremitäten (Vorder- oder Hinterläufen), wegen der Verletzungsgefahr. Auch hier ist tiermedizinsche Erfahrung nötig.

 

Fehlende Nachgeburten (Plazentaretention)

 

Zu jedem Welpen gehört eine Nachgeburt. Im Geburtsverlauf ist es für den Züchter oft nicht ganz einfach die Zahl der Nachgeburten zu überwachen. Die Hündin frisst jede Nachgeburt und ist damit oft schneller als die Kontroll-Möglichkeit. In diesem Fall, kann der Tierarzt nach der vollständigen Geburt aller Welpen mittels Ultraschall feststellen und sehen, ob noch Gewebe oder vielleicht auch Welpen, tot oder lebend in der Gebärmutter sind. Er wird eine entsprechende Therapie einleiten, die leider gelegentlich auch die Entfernung der Gebärmutter beinhaltet, um das Leben der Hündin zu retten.  Bei zurückgebliebenen Plazenten/Eihäuten besteht eine größere Selbstheilungstendenz.

 

Bei stärkerer Blutung, eitrigem, riechendem Ausfluss, gestörtem Allgemeinbefinden der Hündin, sofort zum Tierarzt! Und dann lieber rechtzeitig einen Kaiserschnitt!

 

Einige vielleicht  interessante Vergleiche zur menschlichen Geburt

 

Der Geburtsverlauf beim Hund ist schon deshalb deutlich leichter, da die Welpen im Vergleich zur Körpergröße/Gewicht  der Mutter, sehr viel kleiner als das menschliche Baby sind.

 

Die Wurfgröße bei Hunden richtet sich nach der Größe des Muttertieres. Bei großen Rassen können bis zu 20 Welpen vorhanden sein. Beim Menschen erhöht sich die Gefahr für Mutter und Kinder  in Schwangerschaft und Geburt schon bei Zwillingen deutlich.

 

Die Gebärmutter von Hunden ist für das Austragen der zahlreichen Nachkommenschaft ideal geformt. Sie besteht aus einem kurzen Körper und 2 langen Gebärmutterhörnern, die weit nach oben Richtung Nieren reichen. Die Eierstöcke der Hündin liegen in der Nähe des unteren Nierenpols (unterer Nierenanteil) in Fettgewebe eingebettet, sodass sie nicht, wie beim Menschen, bei einer Bauchspiegelung gut zu sehen sind.

 

In diesen Gebärmutterhörnern liegen die Welpen wie Perlen auf einer Schnur hintereinander und können bei der Geburt abwechselnd aus den 2 Hörnern geboren werden. Die Gebärmutter des Menschen ist birnenförmig. Hier bestünde bei ähnlich zahlreichem Nachwuchs die Gefahr, dass sich Ungeborene bei der Geburt ineinander verkeilen, und durch das schnell kleiner werdende Uterusvolumen die Plazenten (Mutterkuchen) sich vorzeitig lösen, und damit Lebensgefahr entsteht.

 

Bei Hunden können innerhalb eines Wurfes Welpen von verschiedenen Vätern vorhanden sein, wenn die Hündin im Befruchtungszeitraum der Eizellen engen Kontakt mit unterschiedlichen  Rüden  hatte. Beim Menschen ist dies bei zweieiigen Zwillingen theoretisch auch möglich.

 

Die Plazenta des Menschen ist rundlich geformt. Der Hund hat eine gürtelförmige Plazenta, die rund um die wachsende Frucht reicht.

 

Grünes Fruchtwasser ist bei der menschlichen Geburt ein Zeichen für eine Stresssituation des Fötus. Bei Besserung der Situation des Kindes kann diese auch ohne sofortige Entbindung oder Kaiserschnitt überwunden werden. Es bestehen dann keine Gesundheitsrisiken für das Kind.

Beim Hund ist der Abgang von grünem Fruchtwasser vor der Geburt des ersten Welpen  ein Zeichen, dass sich die Plazenta (Nachgeburt) vorzeitig löst und der Welpe während der nächsten 30 min geboren sein sollte, um Sauerstoffmangel und ein Absterben zu verhindern.

 

Bei Steißlage/Beckenendlage  (in ca. 8 %) des menschlichen Babys wird heute meist zum Kaiserschnitt geraten, vor allem um Sauerstoffmangel zu vermeiden. Bei der Geburt können Probleme auftreten, wenn der bereits geborene Körper die Nabelschnur abdrückt und das nachfolgende verhältnismässig grosse  kindliche Köpfchen im Geburtskanal stecken bleibt und nicht  rasch genug geboren werden kann.

Beim Hund ist die Hinterendlage (in ca. 40 %) allein,  kein Grund für einen Kaiserschnitt, da die Welpen wie oben beschrieben deutlich kleiner sind und die Austreibungsphase dadurch meist problemlos ist.

 

Gemeinsam ist bei Mensch und Hund, dass Babys und Welpen ähnlich hilflos geboren werden und voll auf die mütterliche Fürsorge angewiesen sind, wobei sich Hundekinder im Zeitraffertempo entwickeln, wie in Teil 2  weiter beschrieben.

Demnächst Teil 2: Die Entwicklung der Welpen in den ersten beiden Lebens - Wochen

Quellen:

Dr. D. Fleig:  Die Technik der Hundezucht

Axel Wehrend: Leitsymptome Gynäkologie und Geburtshilfe beim Hund

Dorit Feddersen-Petersen: Fortpflanzungsverhalten beim Hund

Dorit Feddersen-Petersen: Hundepsychologie

Christoph Jung: Kaiserschnitt – normale Zuchtpraxis oder Qualzuchthttp://petwatch.blogspot.com/2008/12/kaiserschnitt-normale-zuchtpraxis-oder.html

Astrid Trautmann: Dissertation an der Uni Hannover 2003: Retrospektive Untersuchung von Geburtsstörungen und der Notwendigkeit von Kaiserschnitten ….

 

 

 

Gürtelförmige Plazenta eines Welpen

 

 

 

 

Die gerade Geborenen sind noch nass und werden trocken geleckt.